Samstag, 2. März 2013

alltägliches, allzualltägliches.

ich fahre oft bus, bahn und zug, ich verbringe einen nicht unbedeutenden teil meines tages in öffentlichen verkehrsmitteln. ich sehe menschen, ich sauge ihre stimmungen in mich auf, ich versuche, zu erkennen, was sie denken, was sie fühlen. das freilich nicht bei allen, nur bei den interessanten, bei den außergewöhnlichen, bei den traurigen, bei den überglücklichen. oder bei denen, die immer da sind. 

da ist diese frau. kurz geschorene haare, ein piercing in jeder augenbraue und viel zu gewichtig für ihre körpergröße. sie raucht in keuchenden zügen hastig ihre zigarette, während sie auf den bus wartet. jeden abend dreiundzwanzig uhr steht sie hier, raucht und keucht. an ihrer hand oder neben ihrer hand steht ein kleiner junge, vermutlich ihr sohn. die beiden reden kaum, nur manchmal erzählt der kleine ein paar geschichten, was es zu essen gab und wie die spielzeuge der anderen aussahen und das er auch gerne so etwas hätte. die mutter seufzt, 'ich weiß' sagt sie und zündet sich eine neue zigarette an; das heißt sie hat es vor, doch dann kommt der bus. 

die beiden sitzen immer auf den selben plätzen, vorderer teil, rechte seite, wenn man einsteigt. ihre augen schwarz umrandet starren sie ins nichts. der sohn schaut hin und wieder auf den monitor, dreiundzwanzig uhr acht ist es und: kann ich noch etwas aufbleiben, mama? - sie streichelt ihm übers haar und sagt nichts. an der haltestelle vor den vielen plattenbauten steigen sie aus, stehen an der haltestelle, warten bis der bus vorbeigefahren ist und überqueren die straße, verschwinden in die nacht, nach hause, dreiundzwanzig uhr zwölf ist es. 

mich überkommt immer eine gewisse traurigkeit, wenn ich die beiden jeden abend zu viel zu später stunde unterwegs sehe. die leere in den augen, die quasi nicht vorhandene und doch zu funktionieren scheinende interaktion, der kleine junge und die große frau, die mutter - viel zu viel läuft schief, denke ich und steige vier stationen später aus. -

1 Kommentar:

Serastian hat gesagt…

Da sind diese langsamen und ultraschnellen Menschen auf den Straßen.
Alte Männer Richtung Supermarkt mit klappernden Rucksäcken auf den Rücken. Roten Augen und fad schweinchenrosa scheinender Haut.
Junge Frauen die werktags an den Haustüren ihrer Büros stehen und rauchen. Getrieben von einer Sucht nach Abstand, die sie kurzärmlich an die Zigarette zwingt.
Da fahren diese Firmenwagen durch Straßen und man versteht nicht wohin sie eigentlich wollen. „Oertel Gerüstbau“ „Malermeister Müller“ „Knirpse – indivuelle Kinderbetreuung“
Am Wochenende und immer.
Feiernde Menschen in der Nacht, die beruhigt sind, wenn sie am Tag nach der Feier erschöpft im Zimmer liegen. Leere.

Es ist die immer weiter fortschreitende Beschleunigung. Reaktionen werden immer schneller erwartet. Menschen haben Angst vor Meteoritenschauern, aber was bedeuten Informationsgewitter, die ins Gemüt aufschlagen. Was würde passieren, wenn ich mich einen Tag lang all diesen Medien und stumpfen Menschen ausliefern würde? Vielleicht würden meine Augen dann auch schwarz werden und ins Leere starren?

Zombiealarm auf den Straßen. „Fick doch die Henne.“